Der große Stein vor dem Gemeindehaus in Grasdorf

Der große Stein vor dem Gemeindehaus in Grasdorf

Der große Stein vor dem Gemeindehaus in Grasdorf

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Der große Stein vor dem Gemeindehaus in Grasdorf

Seit Sommer 2022 fällt ein mächtiger, anscheinend bearbeiteter Sandsteinbrocken Passanten und Gemeindehausbesuchern ins Auge. Auch Schriftzeichen und ein Loch waren zu entdecken. Schnell tauchte die Frage auf, welche Bedeutung mag dieser Stein einst gehabt haben?

Als ehemaliger Kreisbeauftragter für die Bodendenkmalpflege glaubte ich schon immer, dass dieser, ursprünglich im Pastorengarten abgelagerte, 1.9 t.  schwere Brocken, eine besondere Bedeutung gehabt haben müsse.

Im Rahmen meiner anderen archäologischen Untersuchungen standen vier beteiligte Wissenschaftler – kompetent in Mittelalterkunde, Burgenforschung und Archäologie – ratlos vor der Frage einer früheren Nutzung. Nur über die mittelalterliche Herkunft war man sich einig. Die Steinform, Bearbeitung und Größe seien in wissenschaftlichen Veröffentlichungen noch nicht publiziert worden.

Inzwischen wurde mir klar, welche Funktion der Steinblock in Vorzeiten gehabt hatte und woher er herangeschafft sein könnte.

Ergebnis: Er diente als Fundament einer Mittelstütze aus dem 1342 abgerissenen, 16 m Durchmesser messenden Rundturm der mächtigen Burg Retburg, die beeindruckend in der Leinemasch zwischen Grasdorf und Koldingen einen Leineübergang sicherte. Die Burg stand im Eigentum des Bischofs von Hildesheim und wurde zugleich mit Wirtschaftsgebäuden von der Familie von Alten bewohnt.

Auf Verlangen der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg ließ 1342 der Hildesheimer Bischof seinen aus Sand- und Kalkstein sehr hoch gemauerten Burgturm schleifen. Die auf der Burg lebende Familie Aschwin von Alten bekam 1350 als Ersatz die Rechte über mehrere Höfe in Rethen und Grasdorf; dazu die Aufgabe, in Grasdorf unter ihrem Patronat eine Kirche zu stiften.

Als Steinmaterial für einen solchen Neubau standen ihnen die Trümmer der nur 1 km entfernten, schon abgebrochenen Retburg zur Verfügung. Tatsächlich kann man das noch heute am Schiff des 1736 stark vergrößerten Grasdorfer Gotteshauses erkennen. Am helleren Steinmaterial wird das bis zu einer Höhe von 1,50 m deutlich. Mit den Retburgsteinen kam auch der als Fundament einer Mittelstütze dienende Steinblock – mit Zapfenloch versehen und steinmetzmäßig bearbeitet - nach Grasdorf. Auf Grund seiner Größe und Form fand er allerdings keine Verwendung und wurde im Pastorengarten abgelagert.

Hier blieb er seit Jahrhunderten liegen, seine Bedeutung wurde vergessen.

Diese, meine Theorie, kann ich auf Grund meiner fundierten Kenntnisse vertreten, wissenschaftlich zu beweisen ist sie nicht. Auch die rund um den Stein eingeschlagenen merkwürdigen Schriftzeichen (z.Z. nicht mehr gut zu erkennen) können nicht entziffert werden., gehören also in die Kryptologie.

Um die Bedeutung dieses mittelalterlichen Steines interessierte und neugierig gewordenen Passanten zu erklären, habe ich eine informative Tafel anbringen lassen. Sie wurde am 2. Juli  unter Beteiligung des Kirchenvorstandes, des Patronatinhabers Herrn von Alten und einer Reihe von Bürgern würdig  eingeweiht.

Helmut Flohr

 

 

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