Ein Wochenende Pilgern – und nachts im eigenen Bett

Ein Wochenende Pilgern – und nachts im eigenen Bett

Ein Wochenende Pilgern – und nachts im eigenen Bett

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Ein Wochenende Pilgern – und nachts im eigenen Bett

Ein Wochenende lang unterwegs auf dem Jakobsweg, aber trotzdem im eigenen Bett schlafen?

Das wäre doch toll es auszuprobieren! Und um es gleich vorwegzunehmen: ES WAR TOLL.

Unter Leitung und Anleitung von Kirchenkreis-Pilger-Diakonin Katharina Reinhard starten an einem Freitagnachmittag in St. Marien in Laatzen-Grasdorf 12 Pilgerinnen und Pilger. Die Zusammensetzung ist bunt. Vom Alter her wie Gouda (jung, mittel und alt), spontan dabei oder lange geplant, aus dem Kirchenkreis Laatzen -Springe und aus Nachbarkreisen, mit und ohne Pilgererfahrung, konfessionsübergreifend und mit unterschiedlichsten Erwartungen. Nach dem Pilgersegen, ausgestattet mit einem eigens für diese Tage von Katharina erstellten Pilgerpass und dem unumgänglichen ersten Pilgerstempel von St. Marien darin, geht es los in den Abend hinein durch die Leineauen und entlang der Innerste auf der Via Scandinavica. Einige in den Tagen immer wiederkehrende Rituale werden eingeübt. Geistliche Impulse, ein sogenannter BodyScan, ein „Durchfühlen“ des eigenen Körpers von den Füßen bis zum Kopf mit einem anschließenden „inneren Foto“ der momentanen persönlichen Befindlichkeit, und Liedern mit einfachen Texten, die mantra-artig gesungen werden können. Mit einem „Herr bleibe bei uns, denn es will Abend werden“ verabschieden wir uns in Sarstedt für heute voneinander und jede(r) kehrt nach Hause zurück.

Am Samstag nach dem Wiedersehen am Endpunkt von gestern wird extra für uns eine Kirche aufgeschlossen und wir können den Kirchraum klanglich mit einem Taizé-Lied wunderbar füllen. Das soll auf der vor uns liegenden Pilgerstrecke nicht unser letzter klangvoller Kirchen-Sound gewesen sein. Unser Weg führt uns nun über offene Felder, weiter am Ufer der Innerste entlang. Nicht nur Kirchen öffnen sich uns, sondern auch ein Garagentor mit Sitzgarnituren für unser gemeinsames Essen. Mitgebrachte Köstlichkeiten von uns werden auf einem weißen Tischtuch angerichtet und wir teilen diese Reichhaltigkeit bei jeder großen Rast dankbar miteinander.

Unser Weg führt in ein Naturschutzgebiet. Das durchschreiten wir schweigend, lauschen der Intensität der unterschiedlichen Geräusche. Maschinenlärm, Wasserrauschen, Autos, Vogelgezwitscher, Krankenwagen, Schritte, Insektensummen …… und ein kurzer Liedvers, der uns ab jetzt begleitet: „Schweige und höre, neige deines Herzens Ohr, suche den Frieden“.

Wir nähern uns Hildesheim. Ein kurzer, aber heftiger Regenschauer zeigt uns: Im Leben wie im Pilgern scheint nicht nur die Sonne. Was macht ein solcher Regenschauer mit mir? Wieviel Bedeutung gebe ich solchen Kleinigkeiten? Wo sehen wir den Regenbogen? Noch ein kurzer BodyScan (wie geht es meinen Füßen, Beinen, Gelenken, Schultern…?) und ein inneres Foto (was tut sich in mir?) und ab zum Bahnhof Hildesheim und Richtung eigenes Bett.

Die letzte Etappe führt uns am Sonntag aus der Stadt Hildesheim heraus. Der Weg wird überraschend steil. Er führt uns zunächst in den Ortsteil Moritzberg. Die St. Mauritius-Kirche ist ein wirkliches Kleinod. Sie überrascht mit einem wunderschönen Kreuzgang. Kühl und sonnendurchflutet, Rosenstöcke im Inneren unter strahlend blauem Himmel, eine besondere Ruhe im Kirchenschiff, die spontan nach einem gemeinsamen Gesang aus Taizé förmlich ruft: „Bless the Lord, my soul“.  Weiter bergan auf den Panoramaweg oberhalb von Hildesheim. Oben angekommen werden wir mit beeindruckenden Ausblicken belohnt. Unter uns Hildesheim mit nachgezählten 27 Kirchen, weiter Blick ins Land und am Horizont der Brocken im Harz schemenhaft zu erkennen. Was für eine göttliche Weite. Es folgt der Abstieg zu unserem Pilgerziel: das Kloster Marienrode. Ein mystischer Ort. Das riesige Kirchenschiff in seiner zisterziensischen Schlichtheit ist beeindruckend und der Chorraum wird von unserem „Danket dem Herrn“ erfüllt. Dank dafür, dass alle wohlbehalten hier sind. Auch wenn einige erfahren mussten, dass „Beten mit den Füßen“, wie Pilgern oft auch genannt wird, manchmal nicht ganz ohne Zwicken und Schmerz abgeht.

Der Rückweg nach Hildesheim führt uns auf dem Braunschweiger Pilgerweg erstaunlich flott zurück. Ist es die Abfahrtzeit des Zuges zurück nach Grasdorf oder das angekündigte Pilgermahl in St. Marien was uns Schwung gibt? Stadtnah und doch unter einem meist grünen Blätterdach kommen wir in die Stadt. Die Hildesheimer Pilgerkirche St. Andreas-Kirche empfängt uns auf dem Vorplatz mit dem Glockenklang eines -sogar fahrbaren- Carillons. Ein letzter Liedvers vor dem Altar und fast unglaublich, kurz danach erklingt das eben gesungene Lied draußen vom Carillon.

Nach einem kurzen Rundgang durch die Weltkulturerbestätte Hildesheimer Dom geht es durch das pralle, ganz andere Leben in einer Fußgängerzone zum Bahnhof und zurück nach Grasdorf.

Hier erwartet uns im Gemeindezentrum ein weiteres Highlight unseres Pilgerweges. Ein sehr liebevoll geschmückter Tisch und ein überragendes, geschmackintensives 3-Gänge Pilgeressen. Nun werden auch noch -neben Kopf, Herz, Seele und Beinen auf dem Weg- die Geschmacksnerven zum Jubeln angeregt. Ein ganz herzlicher Dank dafür an die Zubereitenden aus der Gesamtkirchengemeinde Laatzen. 

Der anschließende Gottesdienst, zu dem neben uns Pilgernden auch die Gemeinde eingeladen war, lässt uns mit einigen Impulsen und Elementen aus den drei Tagen auch zurückblicken auf diese Tage. Wir haben uns Zeit genommen zu schweigen und unserem „inneren Gesabbel“ zuzuhören, aber versucht es nicht für wichtig zu nehmen. Wir haben Zeit gehabt, unsere Lebenserfahrungen, Erlebnisse, und Pläne auszutauschen und anzureichern.  Wir haben viele Fotos gemacht, aber die beeindruckensten waren die „inneren“. Wir haben viele Kirchen besucht und uns von der Schönheit, Vielfalt und Symbolik ansprechen und uns zum Nachdenken anregen lassen…… Und wir sind im „Paradies“ gewesen (Eingangsbereich im Hildesheimer Dom). Der Gottesdienst und unsere gemeinsamen Tage schließen mit einem ganz großen Dank an Katharina Reinhard für die exzellente Planung, die liebevolle Zuwendung, die bewundernswerte Unaufgeregtheit und die wunderbare Ausgestaltung der Tage. Wer nicht dabei war, hat etwas verpasst! Nächste Chancen finden Sie unter: https://www.kirchenkreis-laatzen-springe.de/aktuelles/pilgern  

Hans-Hermann Walten, St. Marien Grasdorf


 

(c) Katharina Reinhard: Kloster Marienrode


(c) Doris Sickau: Pilgerzeichen


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